Warum Paul Kimberger nicht DIE Gewerkschaft ist. Eine Entgegnung

 

Was Herr Kimberger meint…

 

Wir Lehrer*innen wurden genauso wie alle anderen Österreicher*innen von einem Tag auf den anderen auf Standby geschaltet und genießen „Corona-Ferien“ – so könnte ein Unbedarfter meinen, wenn er die geschlossenen Schulen betrachtet.

 

Die Wirklichkeit sieht jedoch ganz anders aus.

 

Arbeiten von zu Hause aus, Betreuung der Schüler*innen über Online-Plattformen, Videokonferenzen, Korrekturen der online abgegebenen Arbeiten, regelmäßige Anrufe bei Familien, deren Kinder nicht oder kaum arbeiten (das reicht bis hin zur Telefonseelsorge für die Eltern). Großteils längere und intensivere Arbeitstage von daheim aus, da die Schüler*innen zu den unterschiedlichsten Zeiten arbeiten und zu diesen Zeiten auch Rückmeldungen über ihre Arbeiten brauchen. Und das alles vom privaten Büro aus unter Nutzung des eigenen Computers, des eigenen Telefons mit der privaten Telefonnummer.

 

Viele Kolleg*innen haben sich bereit erklärt, in den Osterferien Schüler*innen in den Schulen zu betreuen.

 

Ja, besondere Situationen brauchen besondere Maßnahmen.

 

Zahlreiche Erlässe, Verordnungen, Maßnahmen, Aussendungen, Vorschriften purzeln jetzt tagtäglich aus dem Ministerium, aus den Bildungsdirektionen auf uns Lehrer*innen herunter. Manches widerspricht sich, anderes ist nicht einmal unausgegoren.

 

Unseren Herrn Bildungsminister umgibt eine Aura des Überfordert-Seins.

 

Da er jedoch dank eines Parlamentsbeschlusses in der Lage ist, per Verordnung zu regieren und sich ein wenig allmächtig fühlt, versucht er scheinbar zwanghaft, alle Unterrichtsziele, die eventuell verloren oder zu Kurz gekommen sein könnten, den Schülerinnen und Schülern doch noch einzutrichtern.

 

An zwei eigentlich freien Zwickeltagen sei dies möglich. Sonst kann man ja die Ferien einfach kürzen.

Ja, besondere Situationen brauchen besondere Maßnahmen.

 

Paul Kimberger ist der höchste Pflichtschulgewerkschafter, und es ist seine Aufgabe, gegen die Pläne von Bundesminister Faßmann Protest einzulegen. Diesen Protest hat er medienwirksam in aller Klarheit kundgetan.

 

Was Herr Kimberger allerdings wirklich meint, ist wahrscheinlich folgendes:

  • Er begrüßt das Hochfahren der Schulen als Begleitmaßnahme zum Hochfahren der Wirtschaft, damit wieder mehr Betreuung der Kinder und Jugendlichen gewährleistet wird. Diese Öffnung der Schulen stellt allerdings keinen Unterricht wie bisher dar, wie es sich die Schüler*innen wünschen, es ist vielmehr eine Entlastung der Familien zu Hause. Man braucht nur die vielen Sicherheits-, Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen bedenken, unter denen die Schulen wieder geöffnet werden.

  • Herr Kimberger erinnert den Bundesminister daran, dass die Lehrerschaft auch in den Zeiten des Lockdowns mit Homeschooling, Telearbeit und Anrufen bei den Schüler*innen ihrer Aufgabe in einem systemrelevanten Beruf nachkommt.

  • Des Weiteren erklärt er, dass die Kolleginnen und Kollegen natürlich auch ihren Beitrag zum Wiederaufbau Österreichs leisten wollen, und dazu auch bereit seien. Er bezieht sich auf das Betreuungsangebot in den Osterferien.

  • Der oberste Pflichtschullehrergewerkschafter weist darauf hin, dass den Lehrer*innen klar ist, dass besondere Zeiten besonderer Maßnahmen bedürfen.

  • Er könnte sich vorstellen, dass bei der Entscheidung darüber, ob an Zwickeltagen Unterricht stattfinden soll, Elternvertreter und Lehrer*innenvertreter gerne mitreden möchten.

  • Und er fordert ein, dass sich der Bildungsminister an die gesetzlichen Spielregeln hält, denn auch in besonderen Zeiten mit besonderen Maßnahmen gibt es eine Personalvertretung und eine Gewerkschaft, die auf die Einhaltung des trotzdem geltenden Rechtes pocht.

  • Herr Kimberger rät dem Bildungsminister, seine Entscheidung und vor allem seine Kommunikation zu überdenken und die Lehrerschaft nicht über die Medien von seinen Entscheidungen zu informieren, schließlich sei er nicht Alleinherrscher. Denn auf diese Art ist eine Zusammenarbeit mit Bildungsminister Faßmann zum Wohle der Schüler*innen, Eltern und auch der Lehrerschaft nur schwer möglich.

 

Das hätte Paul Kimberger sagen können. Hat er aber nicht. Er nannte die Aussagen von Bildungsminister Faßmann „Frechheit, Gesetzesbruch“. Leider hat unser oberster Pflichtschulgewerkschafter ebenso wie Minister Faßmann eine starke Ader für schwache Kommunikation.

 

Und alle Lehrer und Lehrerinnen Österreichs haben darunter zu leiden.

 

Peter Novak

 

(Link zur Glosse von Lisa Nimmervoll HIER).

 

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