Das Prinzip „Schulsprache Deutsch“ soll Eingang in die Hausordnungen der diversen Bildungseinrichtungen finden– wird im Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ gefordert. Somitkönne sichergestellt werden, dass nicht nur während des Unterrichts, sondern auch in den Pausen und auf dem gesamten Schulareal deutsch gesprochenwerde.
Die Idee ist weder neu noch legitim oder administrierbar. Eine ähnliche Empfehlung wurde 2008 vom amtsführenden Präsidenten des oberösterreichischen Landesschulrates Fritz Enzenhofer artikuliert. Eine Berliner Schule sowie die Vienna Business School in Mödling haben ähnliche Initiativen gestartet und die Schüler darauf hingewiesen, dass „im gesamten Schulhaus (auch in den Pausen) nur die Amtssprache Deutsch eingesetzt werden darf.“ Vergangenen März brachte der Abgeordnete Walter Rosenkranz einen Entschließungsantrag betreffend Deutsch als „Pausensprache“ im Nationalrat ein. Der Antrag wurde abgelehnt. Aus guten Gründen:
Zunächst widerspricht das Verbot von Familiensprachen den linguistischen, den didaktischen Erkenntnissen über erfolgreichen Spracherwerb. Für das Erlernen der
deutschen Sprache braucht es ein solides Fundament in der Muttersprache.
In der Kinderrechtskonvention wird Sprache als einen der Punkte genannt, in denen Diskriminierungsverbot besteht. SchülerInnen, die Deutsch als Fremdsprache erst erlernen, fühlen sich oft
sprachlich eingeschränkt, weil sie sich noch nicht entsprechend ausdrücken können. Sie haben ein Recht auf ihre Familiensprache. Sie müssen sie zuhause und in der Öffentlichkeit verwenden dürfen.
Das gilt auch für die Schulpause.
Kinder verfügen grundsätzlich über ein breites Spektrum an sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten – sie verwenden die Unterrichtssprache, manchmal aber informellere Formulierungen etwa, wenn sie mit Freunden/Freundinnen reden. Auch Kinder mit einer anderen Familiensprache als Deutsch muss die freie Wahl der Umgangssprache erlaubt sein, besonders in den Pausen, die der Erholung der SchülerInnen und LehrerInnen dienen sollen.
Darüber hinaus muss man sich fragen, welche Konsequenzen die Nichtbeachtung eines solchen Verbots in der Hausordnung nach sich zieht. Wie und von wem soll das kontrolliert werden? Mit Mikrofonen? Vernaderung? Mit einem respektvollen und wertschätzenden Miteinander ist das nicht vereinbar.
Selbstverständlich ist es zu begrüßen, wenn Kinder in der Schule miteinander Deutsch sprechen. Viele tun es ohnehin – in manchen Schulen ist Deutsch die einzige Sprache, die von allen verstanden wird. Es ist auch legitim, die Höflichkeit und Freundlichkeit betonen, die mit der Verwendung einer für alle verständlichen Sprache einhergeht. Mit einem Verbot der Erstsprachen in der Hausordnung wird das aber nicht zu erreichen sein. Im Gegenteil: Wenn man Kindern ihre Familiensprachen verbietet trägt das dazu bei, dass sie sich in Subkulturen zurückziehen, wenn sie sich nicht akzeptiert fühlen – das ist ein Integrationshindernis.
Renate Brunnbauer, Franz Kaiser (GPV)
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Dr. Arno Brauneis (Montag, 02 November 2015 21:29)
Unterrichtssprache ist Deutsch.Sprache ist unerlässlich für die Integration. Wenn die Vertreter der größten nicht-deutschsprachigen Gruppen (vermutlich eher ein Fall für Wien) in den Pausen allein die Verkehrssprache bestimmen, werden andere Minderheiten überdies diskriminiert. An einer Vereinbarung, in den Pausen und auf Klassenfahrten miteinander nur Deutsch zu sprechen, kann als „eine Frage der Höflichkeit“ definiert werden (soviel zur Administrierbarkeit). Wer sich nicht daran halte, kann von den Lehrern auf die Übereinkunft hingewiesen werden und soll nicht etwa für den Gebrauch seiner Muttersprache bestraft werden. Die Kinderrechtskonvention wird von Ihnen fehlinterpretiert! Keine der Bestimmungen hat den von Ihnen herbeigedachten Inhalt. Niemand fordert ein verbot der Muttersprache zuhause oder in der Öffentlichkeit
kuli-UG (Dienstag, 03 November 2015 13:31)
Danke für das Post vom 2.11., Herr Brauneis!
Tatsache ist natürlich, dass der Spracherwerb Bedingung für eine gelungene Integration ist. Wie wichtig dabei die Herkunftssprache der Kinder ist, wurde durch viele Studien eingehend bewiesen. Und natürlich verstösst eine dahingehende Verordnung, Deutsch als alleinige Sprache in Schulgebäuden zu erlauben (wir reden nicht vom Unterricht!), gegen grundsätzliche Menschen- und Freiheitsrechte.
Auch dazu gibt es bereits die Auskunft von (Verfassungs)juristen. Weder eine Verordnung des LSR noch eine Übereinkunft in der Schulordnung sind daher zulässig. Zudem stellt sich dieses Problem in der Realität wohl eher nicht - man braucht nur LehrerInnen in betreffenden Schulen fragen.
Der FPÖ (und Herrn Haimbuchner) ging und geht es nicht um die Verbesserung der Integration von "AusländerInnen". Vielmehr ist das Sich-Gegenseitig-Ausspielen Kernidee und Programm dieser Partei. Aktuell zu sehen bei Aktion der Frau Winter oder des Herrn Höbart.
Eine Diskussion zu diesem Thema ist auf jeden Fall spannend und wird die nächsten Jahre auch nicht ausbleiben (können bzw. dürfen).
Timo Brunnbauer